Page 95 - Wir Steine
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Äußerlich deutet an vielen Gesteinen kaum etwas auf ihr Inneres hin; grau und unansehn-
lich liegen sie in der Hand. Doch ein Schnitt genügt und wie nach einem Zauberspruch of-
fenbaren sie - ans Licht gebracht - den Augen eine erstaunliche Welt der Phantasie:
Abstrakte Malerei, Farbexplosionen, geschwungene oder gezackte Linien, rätselhafte Mus-
ter - als ob sie von Kandinsky, Rothko oder Jackson Pollock erschaffen worden wären;
mitunter auch surreal Figuratives wie nachgespielte Ideen von Max Ernst oder Salvador
Dali. Insbesondere im Innenleben von Achaten, Fossilien oder versteinerten Bäumen lässt
sich ein Lunapark von graphischer Kunst entdecken, die in ihrem Farben- und Formen-
reichtum den hoch gehandelten Schöpfungen besagter Künstler durchaus ebenbürtig ist.
Kunst, die durch Druck und Hitze, Mineralien, Kieselsäure, Metamorphosen entstanden
ist. In kaum vorstellbaren Zeiträumen des Schaffensprozesses und immer gesteuert durch
den schöpferischen Zufall geologisch-mineralogischer Bedingungen vor Ort.
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